Auch bei Kabel gilt – weniger ist mehr! Wenn eine IP-Kamera fest montiert werden soll, beispielsweise bei einer Überwachung von Räumen oder Haus und Hof, ist eine sorgfältige Planung der Anschlusskabel unerlässlich. Dank WLAN kann auf eine Datenleitung verzichtet werden. Doch nicht jeder will, gerade bei sicherheitsrelevanter Überwachung, auf WLAN setzen. Und das Problem der Stromversorgung bleibt. Warum nicht also einfach das Netzkabel einsparen?
Hinter Power-over-Ethernet (PoE) steht das standardisierte Verfahren, um Netzwerk-Endgeräte, wie beispielsweise IP-Kameras über das Netzwerk-Kabel mit Strom zu versorgen. Dadurch entfällt das Steckernetzteil für die Stromversorgung der Kamera. Der Vorteil liegt auf der Hand: Im Normalfall muss in Kabel-Reichweite der Netzwerkkamera eine 230V-Steckdose vorhanden sein, was gerade im Außeneinsatz oft nicht der Fall ist. Dank Power-over-Ethernet kann der separate Stromanschluss samt Kabel entfallen. Allerdings muss auch das Endgerät PoE auch unterstützen.
Rainer Hoppe zeigt, wie eine IP Kamera mittels PoE funktioniert
Wer liefert den Strom?
Die Idee, Geräte über das Netzwerkkabel auch gleich mit Energie zu versorgen, ist schon relativ alt. Cisco nutze schon früh ein Verfahren, um IP-Telefone auf diese Weise anzubinden. Doch wer liefert nun den Strom? Prinzipiell gibt es zwei Möglichkeiten:
- Endspan-Verfahren: Der Switch liefert den Strom. Bei der Neuanschaffung eines Switches sollte man darauf achten, einen sogenannten PoE-Switch auszuwählen. Bei der Auswahl gilt nicht nur ein Augenmerk, wieviel Ports der Switch hat, sondern auch, wieviel Ports davon für die Stromversorgung zuständig sind. Es ist also nicht gesichert, dass ein PoE-Switch auf jedem Port auch Strom liefert.
- Midspan-Verfahren: Ein Adapter zwischen Switch und Netzwerkendgerät liefert den Strom. Mittels eines sogenannten PoE-Injektor, der zwischen Switch und IP-Kamera geschaltet wird, kann diese mit Strom versorgt werden. Hier ist darauf zu achten, wieviel Geräte über Power-over-Ethernet mit Strom versorgt werden können. Werden mehrere Kameras betrieben, sind viele PoE-Injektoren schnell überfordert.
Egal wie die eigene IP-Kamera mit Strom über das Netzwerkkabel versorgt werden soll: Achten Sie bei der Auswahl des PoE-Switches oder des PoE-Injektors auf Qualität. Fernost-Billig-Hardware kann sich schnell bei einer Fehlfunktion als sehr kostenintensiv erweisen. Beispielsweise werden Netzteile angeboten, die einfach ohne jede Schutzschaltung die bei 10BaseT und 100BaseT ungenutzten Aderpaare 4/5 und 7/8 unter Spannung setzen. Dies kann funktionieren – oder das Ende der angeschlossenen Netzwerk-Endgeräte bedeuten.
Strom und Daten durch ein Kabel – jetzt wird’s technisch
Ein Netzwerkkabel nach IEEE 802.3af Standard hat in seinem Innern acht Adern, von denen früher nur die Adernpaare 1/2 sowie 3/6 für die Datenübertragung genutzt wurden. Was lag also näher, als die beiden freien Adernpaare für die Energieversorgung zu nutzen?
Heutzutage, im Gigabit-Ethernet-Zeitalter, gibt es keine brachliegenden Adern mehr. 1000BaseT nutzt alle vier Aderpaare zur Datenübertragung. Hier wird mittels sogenannter Phantom-Speisung das PoE-Netzwerkgerät mit Strom versorgt. Dies bedeutet, dass der Strom für die Energieversorgung dem Datensignal überlagert wird.
Strombegrenzung
Netzwerkkabel sind nicht für Ströme im Ampere-Bereich ausgelegt. Gemäß Anforderungen an eine Schutzkleinspannung können im Mittel 48 Volt bei einer maximalen Stromaufnahme von 350mA bereitgestellt werden. Beim Einschalten des versorgten Gerätes sind kurzzeitig 400mA erlaubt. Pro Switch-Port beträgt die maximale Leistungsaufnahme 15,4 Watt.
Wie lang darf das Netzwerkkabel sein?
Durch die relativ hohe Spannung bleibt die Verlustleistung gering. Auch die Wärmeentwicklung im Kabel und an den Steckerübergängen ist gering, aber fühlbar. Durch Verluste auf der Leitung kann das Netzwerkkabel nicht beliebig lang sein. Der Standard geht davon aus, dass am Ende einer 100 Meter langen Netzwerkleitung etwa 12,95 Watt nutzbare Leistung übrig bleibt.
PoE Fähigkeit prüfen
Auch wenn PoE mit besonderem Schutz von Altgeräten spezifiziert wurde, sollte man beim Einsatz eines PoE-Switch darauf achten, an diese Ports auch nur Geräte anzuschließen, die PoE nutzen. Um Schäden zu verhindern, haben die Hersteller einen Schutzmechanismus entwickelt, um PoE-taugliche Endgeräte von untauglichen Endgeräten unterscheiden zu können. Dabei wird an den Adern ein minimaler Strom angelegt. Mittels Messung wird der Innenwiderstand des Netzwerkgerätes ermittelt. Nur wenn der Widerstand zwischen 19 und 26,5 kOhm liegt, wird die Energieversorgung aktiviert.
Bei unseren Tests hat es noch keine Schäden gegeben, wenn wir nicht PoE-fähige Endgeräte an einen PoE-Port angeschlossen haben. Dennoch ist dies nicht auszuschließen. Gerade wenn man Geräte preisgünstig aus Fernost bezieht, sollte man sich auf diese Schutzschaltung nicht verlassen.